Verkaufen lernen ohne Systembruch!

… nicht Wein predigen und Wasser trinken!

Kann bedarfsorientierte Beratung durch inputorientiertes Training eingetrichtert werden?

Bedarfsorientierung in Vertrieb und Beratung ist heute State of the Art ! Hierfür muss der Berater über hohe Virtuosität in Interviewtechnik, Fragestellung, Signalerkennung und Kreativität, gepaart mit umfassenden Produktkenntnissen verfügen. Natürlich erscheint es als nur logisch, dass wenn man den Kunden zu mehr möglichen Themenfeldern befragt, man auch mehr Produkte empfehlen kann. Und dann sollte es doch mit dem Teufel zugehen, wenn dabei über die Menge an Kundenkontakten nicht auch mehr Abschlüsse erfolgen!

Was wird also unternommen, diese Fragenquote zu erhöhen? Die BeraterInnen werden trainiert. Ihnen werden …

… Themenblöcke im Beratungsgespräch aufgezeigt, Fragenkataloge präsentiert, Kommunikationsstrategien nahegebracht und sie werden auf geschmeidige Überleitungen von beispielsweise „Wohnen“ zu „Altersvorsorge“ geschult. Beratungsmappen werden eingeführt und der systematische Umgang mit Prospekten wird trainiert.

Und immer wieder kommt der Punkt, an dem sich zeigt, dass dabei ein immenser Aufwand betrieben wird, dessen Effekt mitunter ernüchternd dahinter zurückbleibt. 

Das soll selbstverständlich nicht heißen, dass die Vermittlung von Beratungsmethodik in seinen vielen Facetten Unsinn ist oder dass die Trainerkollegen ihren Job nicht verstehen. Das soll lediglich die Frage aufwerfen, ob sich die Beratungsqualität auf solchen Wegen wirklich befriedigend steigern lässt.

Was findet denn dabei statt?

Kurz zusammengefasst werden die von meist erstklassigen Verkäufern und Beratern entwickelten Fertigkeiten strukturiert und transportiert – oder es handelt sich zumindest um den Versuch des Transports … In anderen Worten gilt der inputorientierte Antritt: „Schau her, so musst Du’s machen!“

Passend dazu könnte der klassische Ansatz „Ich denke, der Kunde braucht …“ gelten, ist aber zumindest nominell überholt. 

Tatsächlich stellt dagegen die Aktivierung des Kunden, zur Artikulation seiner Wünsche und Vorstellungen das gewünschte Vorgehen dar. Der Kunde soll als Experte seiner Lebenssituation interpretiert werden. So wie er sein Leben organisieren will, wie er sich Lösungen wünscht, wie er seinen eigenen Bedarf erkennt, soll Maßgabe sein. 

Ein Widerspruch im System? 

Beratertraining – nichts als paradoxe Intervention?

Menschliches Lernen erfolgt aus der Erkenntnis von Regelmäßigkeiten. Nicht die Vielzahl von Details ist es, sondern die Extraktion von generellen Zusammenhängen. Man könnte es auch als „Regellernen“ bezeichnen. Bei dem Versuch eine Vielzahl von Details zu vermitteln, ist die Aufnahmekapazität recht schnell erschöpft. Wenn das Verstehen und Merken vielleicht noch möglich ist – die pragmatische Vernetzung fällt meist schwer und nur wem die Details vertraut sind, wird sie auch schnell als Kriterien seiner Verhaltenssteuerung nutzen können.

Welche Regeln werden denn nun also geschult und – v.a.- mit welchen Regeln werden diese geschult?

Soll das inputorientierte Lernen als paradoxe Intervention die Fertigkeit entwickeln, auf den Gesprächspartner – den Kunden – einzugehen? Oder stellt sich nicht die Frage, ob die Qualität, den Kunden nach seinen Bedürfnissen zu fragen, nicht vielmehr dadurch bewußt gemacht wird, wenn man den Lernenden ebenso nach dessen Vorstellungen befragt, wie er noch besser beraten könnte?

Fazit

Das Aufzeigen und Vermitteln von Fertigkeiten wird sicher immer eine Element der Aus- und Weiterbildung bleiben. Gleichwohl sollte stets geprüft werden, ob Lehrsystem und Lernziel zueinander passen!

Tatsächlich zeigt sich nämlich, dass Elemente des signifikannten Lernens – also des selbstorganisierten und ressourcenorientierten Lernens, des Ausprobierens und Anwendens eigener Ideen und Ansätze – auch und gerade komplexe Verhaltensqualitäten viel schneller und nachhaltiger zur Entfaltung kommen lassen.

Was sich anbietet, ist deshalb weniger die Vermittlung ausgfeilter Gesprächsmethodik und rhetorischer Geschicklichkeit, sondern vielmehr ein Selbstbewußtsein, dem Kunden begegnen zu wollen und mit persönlicher Souveränität einen menschlichen Brückenschlag her zu stellen. Eine Qualität, die mittels extern vermittelter Inhalte nur schwer entsteht, aber bei Aktivierung individueller Ressourcen nur eine logische Folge darstellt! Training sollte deshalb primär den Berater zu eigenen Ideen aktivieren und ihn dann sekundär auf dessen Lernweg bereichern!

Dann, wenn die BeraterInnen die Freiheit bekommen, einen eigenen, bedarfsorientierten Weg zur gewünschten Qualität zu entwickeln, stimmt der Lehransatz mit dem Lernziel – „bedarfsorientierte Beratung“ – überein.