Eignungsdiagnostik

Maßgeschneiderte Assessment-Center

Die Auswahl geeigneter Mitarbeiter in einem Unternehmen stellt sich stets als schwieriges Unterfangen dar. Man muß dazu von einem vergangenen Eindruck auf das zukünftige Verhalten schließen. Man könnte meinen, daß müßte ja bei eine internen Be-/ Umsetzung relativ leicht fallen! Man hat ja schließlich den Menschen schon geraume Zeit an Bord und „kennt“ ihn doch!

Das mag zum Teil natürlich stimmen. Die Frage ist allerdings, welchen Teil man wirklich kennt?! Wie bewegt sich dieser Mensch durch den Prozeß seiner Leistungserbringung? Welche Ergebnbisse sind ihm genau zuzuordnen? Welche generellen Fertigkeiten befähigen ihn zu der neuen Posdition? Oder ist seine stärkste Qualität  eher die Vertrautheit, die man mit seinem Namen und seinem Gesicht hat?

Dann („nur“ dann), wenn Führungsstrukturen vorliegen, die die Handlungsqualität des Mitarbeiters systematisch erfassen und idealerweise als Grundlage der stetigen Qualifizierung gelten, ist davon auszugehen, daß eine begründete Qualifikationseinschätzung getroffen werden kann. Alles andere ist eher ein sozial-demokratischer Akt der Investitur im Sinne eines Lückenschließers (wir brauchen da halt einen) …

Das dies ein teuerer Spaß werden kann, liegt auf der Hand. Welche Kosten durch Fehlbesetzung jährlich anfallen, wird natürlich seltenst erfaßt oder gar berechnet …

Natürlich ist auch ein noch so ausgeklügeltes Testsystem kein Garant gegen Fehlentscheidungen. Gleichwohl ist die Trefferquote um einiges höher als die Bauchentscheidung. Zudem bietet sie mehrere Nutzen, wie z.B.:

  1. Identifikation des Qualitätsniveaus des Bewerbers und dessen Ausgangspunktes bei Positionsantritt. Die konkrete Voraussetzung für eine einführende PE.
  2. Kennzeichnung der Bedeutung der zu besetzenden Position und damit Basislegung zur Entwicklungsbereitschaft des Bewerbers 
  3. Legitimation der Auswahl und Absage nicht genommener Bewerber (besonders hilfreich bei mehreren internen Bewerbern) 

Natürlich kostet ein formales Auswahlverfahren Geld. Erst recht, wenn es von einem externen Berater durchgeführt wird. Meist kommen dann mehrere Tage zusammen, die dann Ergebnisse bringen, die oft nicht sehr erfreulich sind. Entweder keiner der Kandidaten kann wirklich überzeugen, oder die internen Kandidaten zeigen insgesamt Leistungen auf zu niedrigem Niveau. Manchmal stellen sich sogar Ergebnisse ein, die erwartbar waren. Das zwar nicht so konkret, aber … „so hätte ich das auch gesehen …“.

Gerne wird in solchen Fällen die Wertschöpfung des Verfahrens vergessen. Der „Falsche“ wurde nicht eingestellt, der Entwicklungsbedarf der Mitarbeiter ist aufgedeckt oder der geeignete Bewerber kann begründet überzeugen!

Aber bereits die Entwicklung und Konzeption eines solchen Verfahrens bietet Mehrwert! Schon die konkrete Auswahl und Definition der Leistungskriterien legt eine Benchmark für die Position fest. Jedes Anforderungsprofil gewinnt damit an Plastizität.

Sinnvoller Weise sind an einem solchen Verfahren die unmittelbar Beteiligten/ Verantwortlichen beteiligt! Genaues Hinschauen, Herausfiltern von gewünschten und bewertbaren Verhaltensankern und Einschätzen der Auftretensstärke dieser Verhaltensqualitäten stellt ein gutes Training der Führungskräfte dar, die ja diesen Menschen dann auch führen sollen.

Eine Form des Herangehens

1. Stellendetails/ Personendetails 

Ein gutes Auswahlverfahren sollte stets damit beginnen, daß über die zu bestzende Stelle gesprochen wird. Damit ist nicht gemeint, daß das meistens fehlt, sondern daß meist mehr über den Titel der Stelle gesprochen wird, als über dessen Inhalte. Mit Inhalte meine ich – sogar noch weitergehend – das Bild oder die Vision, die der Verantwortliche von dem Stelleninhaber hat. Was soll er tun? Wie soll er sein …?

2. Verhaltensdimensionen

Aus dieser Beschreibung entsteht bei Kunde und Berater ein Gefühl für die „Stofflichkeit“ dieses Menschen, der da ja mal in Fleich und Blut Realität werden soll. Hieraus wählt der Berater – natürlich aus seiner Erfahrung – Verhaltensdimensionen, die geeignete Zielindikatoren darstellen: „Wenn der Gesuchte die hat, könnte er unser Mann sein!“

3. Verhaltensanker 

Finden diese Verhaltensdimensionen die Zustimmung des Auftraggebers, können im nächsten Schritt Verhaltensanker definiert werden. Diese stellen erkennbares Verhalten dar, was eine Verhaltensdimension ausmacht. Woran erkennen Sie z.B. Beziehungskompetenz? Oder woran machen Sie fest, daß jemand Überzeugungskraft hat? Irgendwie merken können wir das schon – nur woran? Und hier liegt die große Herausforderung. Es braucht viel Übung, in dynamischen Situationen zu erkennen, mit welchen Verhaltensanteilen ein Mensch diese oder jene Wirkung erreicht. Zudem sollte eine profundes Wissen über Verhaltenskonstrukte vorliegen: Also die Kenntnis, welche Verhaltensweisen bei Menschen (in unserem Kulturkreis wohlgemerkt!) welche Zusammenhänge aufweisen.   

4. Instrument

Nun ist nicht zu erwarten, daß Verantwortliche in Unternehmen über eine psychologische Ausbildung (o. Ä.) verfügen. 😉  Das ist auch nicht notwendig, sofern das Auswahlinstrument geeignet ist, die Einschätzungen der beteiligten Beobachter zu standardisieren. Dies wird dadurch erreicht, daß – nahezu wie ein digitales Verfahren – Verhaltensausprägungen, die sog. „Anker“ als vorhanden oder eben nicht vorhanden erfaßt werden können. Methodisch wird dieser Ansatz natürlich um die Häufigkeitskomponente erweitert: „tritt häufig ein/ tritt deutlich hervor/ tritt kaum ein …“.

5. Bestandteile

Der Vorteil eines Auswahlverfahrens ist u.A. das Perspektivenspektrum, daß erlaubt, aus vielerlei Winkeln auf das Handeln des Bewerbers zu schauen. Sinnvollerweise wird diese Komposition mit dem Blick auf die Handlungsfelder der Position begonnen. Handelt es sich beispielsweise um eine Führungsposition, versteht es sich, Übungen zu verwenden in denen vermittelnd-komunkative Aspekte, lenkend-problemlösende Aspekte und/ oder auch fachlich-methodische Aspekte abgefragt werden. Zielführend dabei ist es, Verhaltensdimensionen auszuwählen, die in unterschiedlichen Übungen/ Handlungsfeldern vorkommen. Es ist wichtig zu erkennen, ob ein Bewerber in allen Übungen gute kommunikative Fertigkeiten beweisen kann, oder diese in der Konfliktsituation womöglich deutlich sinken. Diesen Kanon gilt es wiederum explizit mit dem Auftraggeber abzuklären!

6. Durchführung

Auf eine Vorbereitung mittels Beobachtertraining verzichte ich in der Regel. Aus meiner Erfahrung ergeben sich dadurch keine Qualitätssteigerungen. Statt dessen führe ich meine Mitbeobachter in der Stunde vor der Durchführung intensiv in das Instrument ein. Wie gesagt: Wenn die Konstruktion weitgehend Interpretationsräume und Wägbarkeiten ausschließt, gelingt die Fokussierung auf Verhaltensanker recht gut. Zudem bereite ich die Mitbeobachter auf den Konsens vor: Nach jedem Bewerber, nach jeder Übung findet die Konsensrunde statt. In dieser werden die Einschätzungen verglichen. Finden sich größere Differenzen in der Einschätzung, werden die Beobachtungen diskutiert: „Was hast Du gesehen, daß Du zu diesem anderen Ergebnis kommst?“ Der Vorteil, wenn mehr Augen drauf schauen! 🙂

7. Auswertung

„You see, what you will get!“ Mit diesem Anspruch sollte ein Auswahlverfahren antreten! Ein standardisiertes und damit logisch nachvollziehbares Auswertungsinstrument, das die Rohwerte transparent in Ergebnis-Scores umwandelt. Hierbei genügt sicher eine pragmatische Methodik, diese sollte aber neben der Transparenz unbedingt das Kriterium der Gleichbehandlung gewährleisten! Und letztlich sollte sie dem Berater auch ermöglichen, begründet und aus den Ergebnissen ableitbar zu einer Empfehlung für den Auftraggeber zu kommen. Zur Erinnerung: Der Vorteil eines solchen – immer teuren ! – Verfahrens liegt eben genau darin, begründete und detaillierte Information für sachlogische Entscheidungen zu bieten, wo ansonsten aus dem Bauch heraus entschieden würde!     

8. Rückmeldung

Neben der Präsentation der Auswertung gilt es dann noch die Bewerbereinschätzung zu dokumentieren. Dies einerseits für den Auftraggeber, den es vor allem dann interessiert, wenn es sich um interne Bewerber gehandelt hat (wobei das Thema „Akten-/ Dokumentumgang“ explizit besprochen werden muß!) – andererseits hat jeder Bewerber ein Anrecht darauf, ein Feedback zu erhalten! Dafür gibt es verschiedenste Formen und Verfahrensweisen. Ich bevorzuge eine kurze Stärken-Chancen-Auflistung mit kurzem Fazit und meiner persönlichen Meinung. Dabei sind diese Rückmeldungen ähnlich wie ein ToJ-Feedback aufgebaut. Längere Formen oder ganze Gutachten halte ich nicht für effektiv – abgesehen davon sind sie auch nicht effizient, lassen sie sich entweder nicht abrechnen oder bieten sie dem Auftraggeber keinerlei Nutzen! Was soll der davon haben, wenn er über einen seiner Mitarbeiter ein Dossier über 4 Seiten hat? Ich habe noch niemals irgendwo eine effektive Maßnahme erlebt, die sich auf ein solches Gutachten gestützt hat. Ich biete deshalb im Zweifelsfall einen Preisnachlaß an, wenn ein Kurzfeedback reicht.   

Um die Durchführung der Feedbacks werde ich vielfach von meinen Auftraggebern gebeten, weil die Gespräche natürlich häufig konfrontativ sind. Dies macht aus mehreren Gründen Sinn:

  • Als Externer kann man die Verärgerung/ Entäuschung gut auf sich bündeln
  • Hohe Gesprächsqualität

Bei aller Erfahrung in der Konstruktion von Assessment Centern sollte aber stets eine Sache im Fokus bleiben:

Den Kunden fragen, wie er’s haben will!