Humanismus in der PE

Impulse der humanistischen Psychologie

Im Ansatz kann die humanistische Psychologie der 60er Jahre als Gegenbewegung zu bisher vorherrschenden und teilweise recht mechanistischen Ansichten gesehen werden. Statt menschliches Verhalten als Ausdruck unweigerlicher Reiz-Reaktionsketten (siehe Testpsychologie; Behaviorismus – 30er Jahre) zu betrachten, wird in ihr ein Menschenbild vertreten, welches das menschliche Wesen nicht nur als passive Hülle sieht, hilflos und bestimmt von äußeren Kräften, sondern einen Menschen, der aktiv, autonom und als selbstbestimmt Handelnder im Zentrum seines eigenen Lebens steht (nach A. Maslow).

Personen im humanistischen Feld:

Charlotte Bühler

Abraham Maslow

Carl R. Rogers

Fritz und Laura Perls

Paul Goodman

Buber, Kierkegaard, Jaspers, Heidegger, Binswanger, Kurt Lewin

Drei der Grundpostulate der humanistischen Psychologie seien hier erläutert:

1. Das menschliche Wesen ist mehr als die Summe seiner Teile. Diese Formulierung stammt aus der Gestaltpsychologie (Perls). Es bedeutet, dass trotz der Wichtigkeit der Kenntnis seiner Einzelfunktionen die Einzigartigkeit des Menschen als Ganzheit und Organismus Vorrang hat.

Ganzheit oder Ganzheitlichkeit sind wichtige philosophische Annahmen. Der Mensch ist eine Einheit. Gleichzeitig können die „Einzelteile“ nicht additiv zusammengesetzt werden.

Praktisch heißt das, dass die Arbeit mit Menschen stets integrativ/ ganzheitlich erfolgen muss. Der Mensch muss immer als Ganzheit in seinen Lebensbezügen verstanden werden.

Folgerichtig wird auch mit allen Lebensäußerungen des Gesamtorganismus gearbeitet (sprechen, denken, fühlen, körperlich empfinden usw.).  Es gibt keinen Ausschluss einer bestimmten Funktion (z.B. des Körpers) und ein Sich-Beschränken auf andere (z.B. Reden).

Lehre und Lernen kann dementsprechend nur begrenzte Wirkung haben, wenn der Lernende nicht komplett in seinen Lernprozess integriert ist, ihn nicht selbst mitgestaltet und nicht mit allen Sinnen Teil davon ist!

2. Menschliches Existieren vollzieht sich in zwischenmenschlichen Beziehungen. Der Mensch zeigt sich  in seinem zwischenmenschlichen Potential, als soziales Wesen und nicht isoliert von seinen sozialen Bezügen.

Ein deutliches Gewicht des Humanismus liegt auf Beziehung und Begegnung, auf dem Miteinander. (Buber: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“). Leben vollzieht sich immer im zwischenmenschlichen Feld, Menschen sind unauflösbar eingebunden in soziale Bezüge, in das Spannungsfeld zwischen Individualität und Beziehungsangewiesenheit.

Entwicklung und Lernen kann deshalb nicht isoliert erfolgen. Wenn die Anwendung erworbener Lerninhalte stets im sozialen Feld erfolgt, kann deren Erwerb auch nicht außerhalb erfolgen! Dies macht deutlich, warum die reine Vermittlung von Wissensinhalten ohne unmittelbaren sozialen Austausch und/oder ohne Herstellung sozialer Bezüge nur geringe Transferquoten bewirkt.

3. Der Mensch lebt bewusst. Ein Wesensmerkmal des Menschen ist es, das er bewusst erleben kann und dass er Bewusstheit über sich selbst (Selbstbesinnung) erreichen kann. Diese Möglichkeit des bewussten Erlebens ist Voraussetzung dafür, menschliche Erfahrungen (eigene und fremde) überhaupt verstehen zu können.

Bewusstes Erleben gehört zu den wichtigsten Annahmen der Humanistischen Psychologie. Erst wenn die Aufmerksamkeit ein bewusstes Erleben auslöst, können Lernprozesse – also subjektive Bedeutungsbildung – erfolgen.

Nach Rogers ist aber diese innere Bedeutungsbildung die Grundvoraussetzung für Entwicklung. Dies erklärt, warum externe Vermittlung so niedrige Effekte hat. (Sinngemäß nach Rogers: … niemals habe ich es als erfolgreich betrachtet, wenn ich versuchte, in einem anderen Individuum etwas hervorzurufen, was nicht in ihm vorhanden war!“)

Coachinggrundsatz:

„Ein guter Lehrer ist der, der mich daran erinnert, was ich schon wusste!“