Erkenntnisbasierte Prozesse

Langfristiges Qualifizierungsprojekt

Wie gelingt es, Führungskräfte in einen Entwicklungsprozess zu bringen, der zu Eigeninitiative in der Weiterqualifizierung und Engagement in der strategischen Umsetzung führt? „Erkenntnis-basierte Lernprozesse“ermöglichen Mitarbeitern und Führungskräften das Finden von Sinn, dem eigenen Weg und unterstützen damit selbstständiges und nachhaltiges Lernen.  

In den Naturwissenschaften löste bereits im 19. Jahrhundert der Prozessgedanke die statisch, auf Eigenschaften ausgerichtete Sichtweise ab. Er bezieht sich allgemein auf einen Verlauf, eine Entwicklung. Im strategischen Sinne sind es vor allem deterministische Prozesse, die interessant sind: solche, bei dem jeder Zustand kausal vom vorherigen abhängig ist und ihn bestimmt.

In der Wirtschaft hielt der Prozessgedanke zwar schon seit Henry Ford Einzug, wurde aber in aller Konsequenz erst durch Taiichi Ohno, Mitte des letzten Jahrhunderts  im Toyota-Produktionssystem auf den Menschen übertragen. Grundgedanke dieses Systems stellt die Anforderung an das Management dar, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die menschlichen Fähigkeiten voll zur Entfaltung gebracht werden, um Kreativität und Einfallsreichtum soweit wie möglich zu steigern. 

Veränderungen in der Umwelt erfordern stetige Anpassungsprozesse. Das gilt für moderne Organisationen im besonderen Maße: Was heute noch gut und erfolgreich ist, kann morgen bereits überholt sein oder bedarf diverser Ergänzungen oder Veränderungen. Konkurrenz, Finanzmarkt und Bedarfstrends des Kunden spielen dabei gewichtige Rollen. Deshalb sichern schon seit geraumer Zeit strukturelle Veränderungs- und personelle Weiterbildungsmaßnahmen den Erfolg heutiger Unternehmen und unterstützen so die Zielerreichung.  Grundlage für das Erreichen des Ziels stellen dabei zwei Aspekte dar:

  • Der Führung ist es gelungen, den Mitarbeitern das Ziel als „ihr Ziel“ zu vermitteln. (Wobei dies einen intensiven, nachfassenden und dauerhaften Kommunikationsprozess beinhaltet!)
  • Die Maßnahme ermöglicht es den Mitarbeitern, konkrete und für sie umsetzbare Wege zur Zielerreichung zu erkennen. 

Im Rahmen beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen wird vielfach beobachtet, dass der Transfer in Weiterbildungsmaßnahmen entweder sofort oder gar nicht stattfindet! Was oftmals als verzögertes Ergebnis interpretiert wird, steht dabei aber mitunter nur fragmentär mit der Maßnahme in Zusammenhang. Andere Einflussfaktoren sind in vielen Fällen dafür verantwortlich. Beispielsweise der stetige Druck der Geschäftsleitung, der die Mitarbeiter über kurz oder lang zum „richtigen Verhalten“ erzieht.

„Verschwendung“ war die Maßnahme deshalb noch lange nicht, hat sie höchstwahrscheinlich immerhin geholfen, das gewünschte Verhalten konkret zu modulieren. Dennoch gehen bei einem solchen Ablauf selbstverständlich viele Ressourcen verloren und das Potenzial der Mitarbeiter, aus dem so erlernten Niveau selbstständig weitere Eigenqualifizierung zu betreiben, wird kaum aktiviert.

Die obige Forderung an eine Maßnahme, dass sie es den Mitarbeitern ermöglichen solle, konkrete, für sie umsetzbare Wege zur Zielerreichung zu erkennen“, hängt maßgeblich davon ab, inwieweit sie es dem Einzelnen ermöglicht, selbstständige Erkenntnisprozesse zu erleben. Das heißt, statt konkrete Verhaltensabläufe zu vermitteln, gilt es zunächst eher darum, beim Mitarbeiter über das klare Ziel- und Rollenverständnis eine eigene Erkenntnis auszulösen, was er als nächsten Schritt in Richtung auf das Ziel braucht.

Das Praxis-Szenario

Nehmen wir einmal an, eine Vertriebsführungskraft soll für mehr Umsatz seiner Mitarbeiter sorgen. Wird der Führungskraft bewusst, dass sie dieses Ziel nur erreichen kann, wenn sie mehr beim Mitarbeiter ist, erwacht nahezu unmittelbar die Erkenntnis, dass dies eine andere Form von Zeitressourcenplanung erfordert. „Erkenntnisbasierte Lernprozesse“ ermöglichen Erkenntnis der kausalen Verknüpfung einzelner Aspekte. Die Wahrnehmung dieser Kausalität im eigenen Erkenntnisprozess führt zur Bereitschaft und Motivation, sich hier weiter zu entwickeln.

Um hierfür die Voraussetzung zu liefern, kann die Entwicklungsmaßnahme – abgesehen von dem gerade anstehenden Workshop, Seminar oder Training – zwar mit einem generellen Leitfaden versehen – im Detail jedoch nicht vorkonzipiert sein. Die Problemstellungen, die aus einem Lernschritt entstehen, sind ja auch kaum im Voraus zu kalkulieren. Sowohl Inhalte als auch Lerneffekte würden so linearisiert und konformiert und entsprächen lediglich der Vorstellungswelt des Entwicklers.

Ein individueller Verständnisvorgang wäre dadurch stark erschwert, beschränkt oder sogar unmöglich. Motivation wird dann kaum ausgelöst, da ja bei jeder Maßnahme der Eindruck entsteht, an einem anderen Thema weiter zu arbeiten – wodurch kein subjektiver Sinnzusammenhang entstehen kann. Nur dann, wenn die Maßnahme sich bei jedem Einzeltermin auf den konkret erkannten Bedarf ausrichtet, kann ein darauf bezogener, wirksamer Transfer entstehen.

Das heißt, der Mitarbeiter erkennt, wo er sich auf dem Weg zum Ziel befindet und was ihn noch davon trennt – bzw. wo er noch weiter kommen will.

Insofern bietet eine Konzeption, die als Erkenntnisbasierter Lernprozess  angelegt ist und sich aus Teilnehmersicht an den jeweilig erreichten Qualitäten der Teilzielerreichung orientiert, immense Vorteile für eine nachhaltige Qualifizierung. Kein fertiges Programm kann dies leisten.

Das erkenntnisbasierte Vorgehen ist dabei untrennbar mit konkreter Teilergebniskontrolle verbunden, leitet sich der nächste Schritt ja immer  folgerichtig am vorher erreichten Niveau und Bedarf ab. Letzteres wird dabei auch bereits in der Veranstaltung allen Teilnehmern weitestgehend deutlich. Hierdurch erhalten alle Folgemaßnahmen eine hohe Compliance und bewirken  hohe Lernbereitschaft. Zudem wird ressourcenorientiert gelernt: Der Lernende gewinnt Erkenntnisse – wie weit er mit dem bisherigen Gelernten kommt – und leitet selber die nächste erforderliche Maßnahme ab. Diese entsteht also als Idee in seiner Vorstellung und löst statt Überforderungssorgen viel eher Motivation aus.

Prozessual gesehen wird hier ein verlustfreies Ineinandergreifen einzelner Input-, Erfahrungs- und Erkenntniselemente realisiert:

  • Es entsteht keine Verschwendung von Lehr- und Lernressourcen.
  • Da es keinen umfangreichen Transferprozess der theoretischen Inhalte in die Praxis gibt, sind Fehlerrisiken weitestgehend aufgelöst.
  • Veränderung, bzw. Qualifizierung findet erkenntnisbasiert in kleinen umsetzbaren Schritten statt.