Lenken oder laufen lassen?

Wieviel Führung passt ins Coaching?

Hier stoßen 2 Welten aufeinander. Während von Verfechtern der „Lernen am Modell“-Schule auf die Bedeutung der Vermittlung konkreter Bilder verwiesen wird, betonen die Anhänger der „ressourcenorientierten Selbstenwicklung“ die freie Entfaltung vorhandener Bordmittel des Lernenden.

Soweit die Lehre.

Tatsächlich gestaltet sich die Realität mit all ihrer dynamischen Vielgestaltigkeit viel komplexer als es uns eine normative Anweisung glauben machen will. Es gibt weder ein „So oder so“, noch ein „entweder oder“!

Es zeigt sich statt dessen immer wieder nur der Einzelfall, …

… der seine ganz individuellen Impulse benötigt. Da kann es schon sein, dass der Coach sich aus dem Prozess herausnimmt und dem Coachee auch mal die Qual der Suche nach einem Weg komplett aufbürdet. Meist für den Coach noch viel mehr Qual und Herausforderung – eben nicht aktiv zu werden und dem Coachee den Job abzunehmen.

Genauso kann es aber in einem lebendigen Prozess auch sein, dass der Coach mal Bilder vermittelt und so Glaubenssätze des Klienten in Frage stellt: „… siehst Du, es geht eben doch!“

In diesem Spannungsfeld ist eine exclusive Zuordnung des einen Weges zu „Coaching“ oder des anderen Vorgehens zu „Training on the Job“ nicht sinnvoll – geschweige denn überhaupt machbar. Grundsätzlich kann dem Lernbedarf des Einzelnen nicht mit dogmatischen Regeln gerecht entsprochen werden. 

Coaching muss sich am Wesen menschlichen Lernens orientieren!

Lernen unterliegt allerdings verschiedensten Voraussetzungen des Einzelnen. Hier spielt die Intellektualität ebenso eine Rolle wie auch Ängste und bewusste/ unbewusste Anpassungswiderstände. Hat der Coachee schon Erfahrungen des Scheiterns gemacht, hat er die Kapazität, kausale Ketten zu entwickeln oder kann er einer Veränderung überhaupt einen Lustgewinn zuordnen? Entscheidend ist dann auch, ob der Coachee den Coach selber gesucht hat, oder ob ihm das Coaching „verordnet“ wurde. All solche Aspekte entwickeln ihre ureigene Dynamik im Coaching und lassen sich nicht mit einem Standardverfahren beantworten!

Kernaufgabe ist es, dem Coachee zu helfen, sein Wahrnehmungs-/ Interpretations- und Handlungsrepertoire zu erweitern. Und auch in der Überzeugung, dass er neue Wege nur aus eigenen Kräften begehen wird, sind sich beide Sichtweisen einig. Er muss es ja schließlich nach dem Coaching auch alleine wiederholen können.

Dem entsprechend geht es also darum, wie dem Coachee der Zugang zu seinen eigenen Kräften vermittelt wird. Und genau an diesem Punkt zeigt sich, ob der Coach es versteht, den Coachee abzuholen und mit auf die Reise zu nehmen! Während nämlich die totale Nichteinmischung des Coaches den Coachee mitunter in unbefriedigter Überforderung allein lässt, kann die massive Einwirkung des Coaches Entmündigung bewirken oder gar den Coachee in seiner Unmündigkeit verstärken.

Deshalb muss der Coach fein wahrnehmen, wann eine Demonstration/ Intervention Lernbarrieren beseitigt und wann ein selbstgestalteter Entwick-lungsprozess die persönliche Reifung und Gestaltungsfähigkeit fördert.

 

Fazit

Die Frage ist also nicht welches der richtige Weg ist, sondern wann der Coachee was braucht und vor allem, welche Qualitäten der Coach haben muss, um sich auf eine solche Reise einzulassen …