Die wahre Härte weicher Faktoren

Nicht nur ein „nice to have“!

Den Blick regelmäßig auf das zu richten, was aus einem Sammelsurium undefinierter Zusammenhänge zu bestehen scheint und von Verantwortlichen gerne in die große Schublade „Weiche Faktoren“ gesteckt wird, gehört leider meist noch nicht  zum Standardrepertoire heutiger Unternehmensführungen. Das soll nicht heißen, dass dem Aspekt „Mensch“ keine Beachtung geschenkt wird! Allerdings differiert die Einschätzung der Effekte menschlicher Dynamiken mitunter stark.

Was heißt eigentlich „weich“? …

Eine 1 ist eine 1! Das kann jeder bestätigen. Darauf kann man sich verlassen. Wenn eine 1 fehlt, muss eine besorgt werden. Wenn aber „Klima“ fehlt, was kann man da machen? Wenn die 1 gefunden wurde, ist der Mangel sofort abgestellt.

Aber: „Wenn wir jetzt schon so viel für das Betriebsklima getan haben – warum läuft’s dann immer noch nicht rund?“  

Der Mangel an eindeutiger Greifbarkeit und daraus folgender Kennzeichnung als „weich“ sollte also nicht – wie zu häufig zu sehen – als harmoniespendender Humanismus missgedeutet werden! Tatsächlich können die Auswirkungen persönlicher oder sozialer Unwuchten mitunter maßgeblich sein für den Fortbestand eines Unternehmens. Unzufriedene Leistungsträger gehen,  rigide Führungskräfte werden schlichtweg boykottiert und Ergebnisanforderungen werden geflissentlich ausgesessen. 

Dort, wo kein Schalter umgelegt werden kann, stößt jede Gechäftsleitung an ihre Grenzen. Das sind die Stellen, wo menschliche Bedürfnisse aufeinander prallen. Wo Sozialität – die konstruktive Auseinandersetzung mit dem anderen – gefragt ist und wo man sich auf Dynamiken einlassen muss, die eben nicht durch Zahlen zu beschreiben sind.

Das ist die harte Realität!

Gleichwohl – die Eindeutigkeit von Zahlen wäre ja hin und wieder auch hinterfragenswert. Woher kommt die Zahl? Wie wurde sie ermittelt? Könnte man nicht auch auf ein anderes Ergebnis kommen …? Ich kenne kaum eine Wertermittlung, deren Ergebnis nicht abhängig von der angewandten Methode ist. Der alte Satz „Ich glaube nur an die Statistik, die ich selber gefälscht habe!“, könnte ja immer noch richtig sein …

Nur – was sind denn dann „harte“ Faktoren? 

In den Jahren, in denen ich als Berater unterwegs bin, habe ich oft gesehen, dass Ziele nicht erreicht wurden. Seltsamerweise konnte ich selten Konsequenzen ausmachen. Weder personelle, noch methodische. Irgendwie hatte ich auch schon oft den Eindruck, dass das Nichterreichen der Ziele insgeheim schon einkalkuliert wurde. Und obwohl ich so oft höre, dass die Mitarbeiter unter den Erwartungen bleiben, wartet das Jahresende dann fast ausnahmslos mit Spitzenwerten auf.

Das zu den harten Faktoren.

Wenn das fortlaufende Controlling über weite Strecken des Jahres unbefriedigende Ergebnisse dokumentiert, was bewirken denn dann diese Fakten? Controlling heißt „Steuerung“ – nicht wie oft missverstanden „Kontrolle“. Steuerung beschreibt einen Prozess, der Situationsanalyse, Bedeutungstest und Intervention umspannt. Die Erfassung eines Missstandes sollte dementsprechend eine Kursänderung auslösen.

Scheinbar ist es ein Trugschluss, sich an den sogenannten harten Faktoren zu orientieren. Oder besser, sich zu sehr daran zu orientieren. Denn, was sollen sie eigentlich bewirken? Was ist ihre Aufgabe? Sie den Mitarbeitern, die ja an deren Entstehen mitbeteiligt sind,  wieder und wieder vorzulegen, erhöht den Sinngehalt erwiesenermaßen nicht. Tatsächlich können sie nur dokumentieren, dass irgendetwas nicht gepasst hat! Sie als Anhaltspunkt zu nehmen, den Druck zu erhöhen, kann zwar die Situation verändern, löst aber das Problem in den seltensten Fällen. Tatsächlich erhöht sich das Risiko der negativen Wirksamkeit der sogenannten weichen Faktoren erheblich! 

Dort wo Auseinandersetzung mit Mensch und Problem nicht erfolgt, folgen andere Ergebnisse, als die gewünschten. Wenn wir mal anfangen würden, solche Folgen zu erfassen und die Kosten, die daraus erstehen zu summieren … das wären harte Fakten!